Stromkilometer: 1258 – 1170, 8 Stunden
Die Sache mit dem Anker
Bevor ich es vergesse: Herbert hat die Pause in Novi Sad genutzt, um eine rege Diskussion mit der Ankerrolle zu führen. Es dauerte einen Tag und am Ende hatte er sie niedergeredet.
Über die Wortwahl sprechen wir hier nicht.
Es war nämlich folgendes:
Die „Seiten“Wände“ der Rolle waren zu niedrig. Daher ist die Kette gerne seitlich rausgesprungen und hat sich verklemmt. Zunächst war die Vermutung, dass das an der Strömung liegt (man erinnere sich an Stromkilometer 1556), da die Kette da seitlich sehr beansprucht war.
In Backa Palanka hatten wir allerdings dasselbe Problem, jedoch keine Strömung als Ausrede. Selbstverständlich war es kurz so, dass das nur an meinem nicht-sorgfältig-genug-Schauen lag. Dabei gibt’s doch kaum etwas Spannenderes, als eine Kette beim Runterlaufen zu beobachten, oder? Wo doch die Winch so schön wummert, die Kette kräftig rasselt und man insgesamt nur einen Wunsch hat: Lass das Ding halten und mir nichts ins Gesicht knallen.
Also jedenfalls lag es dann doch nicht an mir und solang es nur die Kette mit dem Seitensprung ist, geht’s ja noch. Nach kurzer Suche fanden wir die zwei Rollen im Ersatzteillager und Herbert verzog sich an den Bug, um die Verhandlungen zu beginnen.
Am Abend war er sehr schön braun und wir hatten eine andere Ankerrolle.
Seitdem klemmt nichts mehr. Also dort nicht.
Ausfahrt aus Novi Sad
Da der Wasserstand leicht gestiegen war, erwarten wir bei der Ausfahrt keine Probleme.
Najo. Also, Herbert fuhr genau da raus, wo wir reingefahren sind, beängstigend nah an dem Strand. Dieser ist menschenleer, da es abgekühlt hat, also ist auch kein lebender Lotse verfügbar. Dafür aber ein Gupf. Die Kleine macht „umpf“ und wir sitzen mal wieder auf.
Im Hafen von Novi Sad ist reges Treiben. Eigentlich. Denn als wir so auf unserem Gupf sitzen und Ausschau halten (die müde Fliege mache ich in der Zwischenzeit aus dem FF, ohne dass es mir peinlich ist), kommt nichts. Gar nichts. Da wird jede Minute zur Ewigkeit.
Und in der Marina hebt mal wieder keiner ab. Das kennen wir ja auch schon gut.
Endlich ein Motorboot! Nutzt aber nichts, mit 1,1 Meter „Tief“-gang sitzt er selbst auf. Rettung naht in Form einer Zille. Nach langem Schubsen, Ziehen und guten Zureden schwimmen wir endlich wieder.
Für Herbert ist jede Grundberührung wie wenn man ihn prügelt.
Er leidet jedes Mal fürchterlich und die Menge an neuen Worten erreicht lichte Höhen.
Jedenfalls lieben wir jetzt Zillen.
Zwischen Novi Sad und Belgrad
Auch hier ist wieder viel vom Gleichen. Wasser und Bäume am Rand halt.
Doch dann verändert sich die Landschaft doch etwas.
Steil abfallende Hänge am rechten Ufer wirken wie eine Wand. Auf der anderen Seite grasen Kühe und gehen bis ins flache Wasser.
Und wenn wegen ein paar Kühen schon die Aufregung steigt, ist das ein Zeichen, dass sonst nicht besonders viel los ist.
In Belgrad
Kurz nach 5 landen wir schließlich in Belgrad, wo uns Georg schon erwartet.
Die Kommunikation hat super funktioniert und wir finden fast sofort sein Lokal „Vodenice“ unterhalb der Festung.
Der Steg, an dem wir festmachen, ist mehr als nur wackelig und einmal mehr sind wir froh, dass wir die beiden dicken Ballonfender haben.
Das schwimmende Lokal liegt direkt an der Mündung zwischen Donau und Save. Ein riesiges Freizeitparadies für Belgrader. Hier fahren alle Arten von Schiffen durch. Von der Zille, über Partyboote bis zum Kreuzfahrtschiff und ein paar merkwürdigen Kreationen ist alles dabei.
Das Lokal, der Steg, das Schiff, alles rumpelt durcheinander. Doch irgendwie hält die Konstruktion, ich vermute aus reiner Sturheit. Oder Gewohnheit.
Wer weiß, wie Herbert am liebsten mit dem Wattebausch das Schiff poliert hätte, kann sich keine Vorstellung machen, was das Gerumpel mit ihm anrichtet.
Insbesondere, wenn er auf der Toilette sitzt. Und dann nicht mehr. Die Donau bekommt ein paar ganz besonders schmeichelhafte neue Worte verpasst.
Duschen, Strom und Wasser gibt’s hier nicht, dafür aber den Besitzer. Georg ist ein charmanter, sehr hilfsbereiter und unterhaltsamer Gastgeber.
Nach dem ersten Raki sieht die Welt schon wieder besser aus.
Das Gute ist: Wir haben es nicht weit ins Bett. Deshalb sind wir auch früh schlafen gegangen.
Um zwei.
Es war eine Nacht mit lautem Blues, viel Raki und einer ganz besonderen Stimmung.
Der letzte Raki dürfte irgendwie nicht mehr in Ordnung gewesen sein, daher gehen wir am nächsten Tag in den Krankenstand.
Es ist nämlich nicht mehr ganz klar, was oder wer da schwankt. Vermutlich eh alles.
Georg fährt uns netterweise noch zum Getränkehändler da wir Wasser brauchen (viel Wasser!) und wir gehen auf den Markt.
Mehr war den Rekonvaleszenten an diesem Tag nicht zuzumuten und der Abend verlief dann auch eher beschaulich.
Sightseeing
Warum sind wir in Belgrad und sehen die Festung von unten, ein Lokal von innen, einen Fluss (jö!), einen Markt und sonst nichts?
Es ist so:
Städtetrip Belgrad mit dem Flugzeug, im Kaffeehaus sitzen, Leute beobachten, Sehenswürdigkeiten anschauen – alles super.
Städtetrip Belgrad mit dem Boot nach über einer Woche Katzenwäsche (die letzte warme Dusche war in Apatin) bei mehr als 30 Grad, bergauf und zu Fuß – nein danke.
Tatsächlich überlegen wir an diesem Abend, ob es eine Möglichkeit gibt, die Sabu von Belgrad auf dem Landweg nach Kroatien zu transportieren und nach Hause zu fliegen.
Die ganze Operation ist schon sehr strapaziös für Mensch und Material.
Am Ende entscheiden wir uns doch dagegen und werden unsere Reise fortsetzen.
In der Früh geht es dann noch kurz zum Tanken und wir sind wieder auf dem Weg ins nächste Abenteuer. Ungeduscht aber willig.
Duschen wird überbewertet beim Bootfahren…. wie wir wissen ;o)